„Gofi“ als Ersatz für Goggo
Ein Bild aus glücklichen Goggo-Tagen: Das 50 000ste Auto läuft vom Band.  Foto: DA-Archiv


250er Goggo hinterließ eine große Marktlücke

Ob es die Mode ist, die Musik oder eben der Automobilbau: Die Geschichte wiederholt sich immer wieder. Das Geschäft mit den kleinen Gefährten, mit denen sich Jugendliche heutzutage schon mit 16 Jahren – im Besitz der entsprechenden Führerscheinklasse natürlich - allein hinter das Steuer klemmen dürfen, boomt seit Jahren. So ähnlich war das auch schon vor 50 Jahren, nur mit einem kleinen Unterschied. Der Dingolfinger Anzeiger berichtete:

„Renaissance in Goggo: Einst Dauerbrenner der Hans Glas GmbH, soll der 250-ccm-Zwerg heute wieder das große Geld bringen. Mit dem letzten Goggo, der 1969 das Dingolfinger Fließband verließ, tat sich im Autogeschäft auch eine Lücke auf. Die Besitzer der Führerscheinklasse IV (alt) waren um ihr Gefährt beraubt. Und es ließ auch nicht lange auf sich warten, daß, dem Gesetz von Angebot und Nachfrage folgend, der Kleinwagen fröhliche Urständ feierte. Mit der Serienproduktion war es allerdings vorbei. Hans Glas‘ Nachfolger wurden kleine Betriebe, die auf ihre Art den Markt bedienten. Etwa der Dingolfinger Alfred Vögl. Sein Rezept: Man nehme die Karosserie eines Fiat 500 und ein Glas-Antriebsaggregat. Andere bastelten weniger erfolgreich an einem Goggo-Nachfolgemodell. So erwies sich die Halbierung des Hubs einer 500er-Maschine nicht gerade als Patentrezept.

Das Geschäft mit der Goggo-Kopie ist ein Geschäft mit älteren Semestern. Denn nur wer die Prüfung für die Führerscheinklasse IV vor dem 1. Dezember 1954 abgelegt hat, darf auch ein Auto mit „Schnapsglas-Motor“ führen. Allein im Landkreis Dingolfing-Landau gibt es rund 5000 Automobilisten mit einer derartigen Lizenz. Der Markt ist auch ohne Zweifel da. Das bewiesen Alfred Vögl auch die Nachforschungen nach fahrbereiten Goggos, die in der Mehrzahl – logischerweise – in Dingolfing landeten und hier unter anderem bei ihm, dem ehemaligen Glas-Händler.

Doch 1969 war das letzte Auto mit dem „G“ am Kühlergrill vom Band des inzwischen dem weiß-blauen BMW-Konzern einverleibten Werkes gelaufen. Und die Münchner taten es nicht unter 1600 Kubikzentimetern. Alfred Vögl ließ das Geld, das in diesem Fall buchstäblich auf der Straße lag, nicht liegen. Er beschloß, in die Fußstapfen von Hans Glas zu treten, allerdings um etliche Schuhnummern kleiner. Als Produkt der „konstruktiven“ Überlegungen im Hause Vögl präsentierte sich den zum Mopedfahren verdammten „Vierern“ ein Fiat mit Glas-Innereien. Genauer gesagt die Karosserie eines Fiat 500 und ein Glas Antriebsaggregat. Dieser Motor einschließlich Getriebe wird von Lloyd in Bremen gebaut. Wer sich aus der Fünf-Mann Fabrik des Alfred Vögl motorisieren will, kann allerdings nicht mit den volkstümlichen Preisen der Glas-Ära rechnen. Dingolfings Kleinster kostet heute 7200 DM und mit Standheizung 7600 DM. Also rund doppelt so viel wie der Ur-Goggo. Möchte sich Vögl an den Führerscheinnöten anderer bereichern? Er will es nicht, sagt er. Billiger könne er sein Gefährt nicht liefern, der Unkostenfaktor…

Als da sind: Fiat liefert verständlicherweise seine Autos nicht ohne Motor. Also sitzt Vögl auf hunderten dieser Maschinen, „für die ich nichts mehr bekomme. Sie können einen um 200 DM haben.“ Außerdem braucht der Fiat eine neue Motoraufhängung und schließlich soll der künftige Besitzer die Bedienungsknöpfe am goggo-gewohnten Ort finden. Das Konglomerat, nun mit dem Namen „Gofi“, schafft – so wird potentiellen Käufern versichert – 90 Stundenkilometer. Rund 400 dieser „Gofis“ verließen bisher Dingolfing und wiesen auf ihre Art die Stadt als eine Heimat des Automobilbaus aus. […].

(Montag, 3. September 1973) cd


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